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Deutschland auf Windkurs – Wie wir das Bürokratie-Monster besiegt haben

Ein Rekordjahr für den Windkraftausbau 2024 war ein Meilenstein für die Energiewende in Deutschland: Mit rund 14 Gigawatt neu genehmigter Windkraftleistung wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Kein anderes EU-Land baut aktuell so schnell Windkraftanlagen wie Deutschland. Und es kommt noch besser: Wenn der derzeitige Ausbaukurs beibehalten wird, könnten wir unser Ziel von 115 Gigawatt Windleistung […]
Andreas Bessler
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06.05.2025
|
Windkraft

Ein Rekordjahr für den Windkraftausbau

2024 war ein Meilenstein für die Energiewende in Deutschland: Mit rund 14 Gigawatt neu genehmigter Windkraftleistung wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Kein anderes EU-Land baut aktuell so schnell Windkraftanlagen wie Deutschland. Und es kommt noch besser: Wenn der derzeitige Ausbaukurs beibehalten wird, könnten wir unser Ziel von 115 Gigawatt Windleistung an Land bis 2030 nicht nur erreichen, sondern sogar übertreffen - um rund drei Gigawatt.

Vom Bremsklotz zum Beschleuniger: Der Bürokratieumbau

Lange Zeit galt die deutsche Bürokratie als eines der größten Hindernisse für den Windkraftausbau. Doch 2024 betrug die durchschnittliche Genehmigungsdauer für ein Windrad nur noch 19 Monate, schneller als je zuvor. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 21 bis 23 Monaten. Der Grund für diesen Wandel? Eine Kombination aus Gesetzesreformen, politischem Willen und digitalem Fortschritt.

Ein zentraler Hebel war das sogenannte „Wind-an-Land-Gesetz“ aus dem Jahr 2023, das erstmals bundesweit verbindlich zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft festgelegt hat. Gleichzeitig wurden im Baugesetzbuch Sonderregelungen eingeführt und das Bundesimmissionsschutzgesetz modernisiert. Diese Maßnahmen führten 2023 zu einem sprunghaften Anstieg der beantragten Windkraftleistung, mehr als doppelt so viel wie in den vier Jahren zuvor zusammen.

Transparenz durch Daten: Der Windkraftmonitor von Goal 100

Der Thinktank Goal 100 hat Anfang 2024 ein neues Monitoring-Tool vorgestellt: den Windkraftmonitor. Er liefert tagesaktuelle Zahlen zum Ausbaugeschehen. Die Analyse zeigt: Deutschland befindet sich auf einem klaren Wachstumskurs. Die Zahl der Genehmigungen stieg allein von April 2024 auf April 2025 um satte 74 Prozent.

Besonders eindrucksvoll ist das Beispiel Schleswig-Holstein. Hier wurden 2024 doppelt so viele Genehmigungen erteilt wie neue Anträge gestellt. Ein Zeichen dafür, wie konsequent alte Rückstände abgearbeitet werden.

Realisierung: Der neue Flaschenhals?

Während die Genehmigungen immer schneller erfolgen, verlangsamt sich derzeit die Umsetzung. Die Realisierungsdauer, also die Zeit von Genehmigung bis Inbetriebnahme, liegt 2025 bei durchschnittlich 28 Monaten. Zum Vergleich: Zwischen 2011 und 2017 waren es noch rund 12 Monate.

Gründe dafür sind unter anderem:

• Verzögerungen bei der EEG-Ausschreibung (durchschnittlich 5 Monate)

• nachträgliche Änderungen der Genehmigungen, etwa zur Leistungssteigerung

• juristische Klagen

• logistische Herausforderungen wie fehlende Transportgenehmigungen oder marode Straßen

Trotzdem: Es geht voran

Anfang 2025 stehen in Deutschland 28.766 Windkraftanlagen mit einer Leistung von über 63 Gigawatt. Das liegt zwar noch unter dem EEG-Ziel von 69 Gigawatt bis 2024, doch der Zubau hat 2025 bereits ein Tempo erreicht, das die fünf Vorjahre übertrifft.

Die neue Studie von Goal 100 macht Hoffnung: Deutschland könnte bis 2030 sogar 118 statt 115 Gigawatt Windkraft an Land schaffen.

Altanlagen und Repowering: Eine zweite Chance für die Windkraft

Ein Drittel der bestehenden Anlagen ist älter als 20 Jahre, das Ende der EEG-Förderung. Doch viele dieser Altanlagen werden nicht stillgelegt, sondern durch neue, leistungsfähigere Windräder ersetzt. Repowering nennt sich dieser Prozess, bei dem auf gleicher Fläche dreimal so viel Strom produziert werden kann wie früher.

Große Unterschiede im föderalen System

Trotz aller Fortschritte zeigen sich nach wie vor gravierende regionale Unterschiede:

• Genehmigungsdauer: In Brandenburg dauert es im Schnitt 36,1 Monate, in Baden-Württemberg nur 15,4 Monate

• Installationsdichte: Schleswig-Holstein kommt auf 568 kW/km², Bayern nur auf 38 kW/km²

• Datenverfügbarkeit: In Niedersachsen fehlen teilweise die Antragszahlen, in NRW sind sie unvollständig

Besonders in Bayern sorgt die umstrittene 10-H-Regel – ein Mindestabstand von Windrädern zu Wohngebäuden – für massive Einschränkungen beim Ausbau. Manche sprechen sogar von einer gezielten Windkraftverhinderungsstrategie.

Was jetzt noch fehlt: Digitalisierung und Koordination

Ein zentrales Problem bleibt die mangelnde Digitalisierung in Genehmigungsbehörden. Standardisierte Prozesse werden unterschiedlich ausgelegt, Fachpersonal fehlt, Transportgenehmigungen dauern mitunter länger als der Bau selbst. Doch all diese Herausforderungen sind lösbar, mit politischem Willen, gezielter Förderung und einer besseren technischen Infrastruktur.

Fazit: Rückenwind für die Energiewende

Deutschland ist auf dem besten Weg, beim Ausbau der Windenergie international Maßstäbe zu setzen. Die Kombination aus politischen Reformen, digitalen Tools wie dem Windkraftmonitor und dem Engagement auf Landesebene bringt spürbare Erfolge. Jetzt gilt es, die letzten Flaschenhälse zu beseitigen und den Wind nicht nur symbolisch, sondern ganz konkret in Strom zu verwandeln.

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